Erotikmessen – Lügen Intrigen Sex Liebe

Was geschieht hinter den Kulissen? Insider packen aus!

Kapitel II

 

 

Auszug aus Kapitel II

 

Kapitel II

2. Messe – Wien (A) – September

 

Messeveranstalter: Rudi Kamikaze in Kooperation mit Jimmy

 

….Hier haben es die Aussteller nicht leicht. Es gibt nur einen kleinen Aufzug, mit dem die Waren in den ersten Stock transportiert werden können. Jeder einzelne Rollwagen muss nach oben geschafft werden. Und eine Person muss ständig mitfahren, denn in diesem Bereich gibt es keine Treppe nach oben. Keine gute Zeit für Übergewichtige. In dem Aufzug haben neben dem Rollwagen nur noch Hungerhaken einen Platz. Oben angekommen, steht man mitten in der Küche. Durch einen schmalen Schlauch führt der Weg in die ruhmreichen Räume des Palais Auersperg.

Die großen Toystände haben dafür Stunden gebraucht. Natürlich hat Rudi Kamikaze, der adipöse (fettleibige) Veranstalter, diese kleinen Unwägbarkeiten vergessen zu erwähnen. Aber so ist er halt. Wer ihn von früher kennt, weiß das und die neuen Aussteller haben ihn jetzt kennengelernt.

Kamikaze ist, wie man das auf wienerisch sagt, ein richtiger Strizzi (leichtsinniger Mensch, Strolch, kann auch Zuhälter bedeuten).

Für alle Aussteller, die ihn nicht kennen, möchten wir hier eine für ihn typische kleine Begebenheit erzählen, die sich vor ein paar Jahren ereignet hat:

Kamikaze hatte wieder eine seiner glorreichen Ideen. Er wollte mitten im Sommer vier Wochen lang eine Erotikmesse in Italien, Caorle, veranstalten. Das Ganze sollte in einem Festzelt stattfinden. Da das Zelt nicht allzu groß war, gab es nur wenige Plätze für die Aussteller. Also hatte er einen schönen Plan entworfen, die zehn vorgesehenen Standplätze eingezeichnet und war damit auf Ausstellerjagd gegangen. Er hatte bis zu diesem Zeitpunkt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die Messe weder eine Genehmigung, geschweige denn das nötige Kleingeld, fand das aber nicht erwähnenswert. Er wollte die Aussteller mit solch belanglosen Dingen nicht verwirren.

Also erzählte er ihnen, wie toll diese Messe laufen wird und da sie jeden Tag erst um 19 Uhr beginnen würde, könnte man ja den ganzen Tag über in der Sonne liegen. Eigentlich, wenn man es genau nimmt, sei es ein vierwöchiger Urlaub. Das bisschen Verkaufen fällt da gar nicht ins Gewicht.

Ein Gespräch mit dem Strizzi Rudi verlief dann in etwa so: „Wie du auf dem Plan siehst, habe ich nur sehr wenige Standplätze zu vergeben. Ich kann dir diesen Platz hier anbieten und ich garantiere dir, dass niemand anderer mit den gleichen Waren vor Ort sein wird. Dein Mitbewerber hat mich zwar schon angerufen, aber ich habe ihn vertröstet und gesagt, dass ich mich nächste Woche bei ihm melde. Weil, ehrlich gesagt, wir kennen uns schon so lange und es wäre mir einfach lieber, wenn du dabei bist. Was sagst du dazu?“ „Ja, Danke, Rudi, dass du da zuerst zu mir kommst, ich meine, wir haben uns ja immer gut verstanden“, antwortete ihm der sichtlich erfreute Aussteller, „wie hoch ist denn die Standmiete?“

Kamikaze nannte dem Aussteller einen Preis, dass es ihm die Sprache verschlug. Nach längerem Hin und Her einigte man sich dann auf den halben Preis. Jetzt musste Kamikaze den Aussteller noch dazu bringen, dass er die Standmiete im Voraus zahlt. Das ist im deutschen Sprachraum eine eher unübliche Vorgangsweise. Standmieten werden normalerweise immer erst am letzen Messetag bezahlt.

Für Kamikaze ergaben sich dadurch folgende Probleme:

Er musste Aussteller suchen, die in der Lage waren, die ziemlich hohe Standmiete im Voraus zu bezahlen. Viele von ihnen sind dazu gar nicht in der Lage.

Was aber noch viel wichtiger war, es mussten Aussteller sein, die naiv genug waren, es zu tun.

Schon damals wussten die meisten Aussteller, dass es besser ist, ihm kein Geld zu geben, bevor der letzte Messetag angebrochen ist.

Kamikaze hatte dennoch sechs Gutgläubige mit Geld gefunden. Er schickte ihnen die Unterlagen, wo die Messe stattfinden sollte und alles ging seinen Lauf.

Mit großer Schadenfreude, dass sie die anderen Aussteller ausgebootet hatten, begaben sich die sechs Dummies nach Italien, genauer gesagt nach Caorle. Dort angekommen bezogen sie ihre Unterkunft und machten sich dann gleich auf den Weg zum Messezelt.

Sie suchten und suchten, sie fragten Einheimische und Urlauber, aber was sie auch taten, sie fanden kein Messezelt. Den nicht ganz so stark Unterbelichteten unter ihnen dämmerte es langsam. Kamikaze hatte sie reingelegt. Es hatte nie ein Messezelt gegeben. Es hatte hier überhaupt nie etwas gegeben, was mit einer Erotikmesse auch nur im Entferntesten zu tun hatte. Selbstredend, dass er telefonisch nicht mehr erreichbar war.

Er ist dann für einige Zeit in der Versenkung verschwunden. Später haben einige dieser Aussteller behauptet, sie hätten ihr Geld zurückbekommen. Wir wollen ihnen das glauben und ihnen damit die Möglichkeit geben, ihr Gesicht zu wahren.

 

Nun ist Kamikaze wie der Phönix aus der Asche wieder auferstanden. Er hat es zuerst mit einigen anderen Messen versucht, die, wie es scheint, aber nicht so gut gelaufen sind.

Danach kam er auf die glorreiche Idee, wieder Erotikmessen zu veranstalten. Selbstverständlich hatte er wieder ein neues, revolutionäres Konzept in der Tasche. Und so, wie das immer ist mit einem neuen, revolutionären Konzept – der geneigte Leser ahnt es bereits –, das kann nichts werden.

So war es dann auch. Diese Messe wurde in einer Stadt in Oberösterreich veranstaltet. Die Halle war so klein, das keine Messestände hineinpassten. Untergebracht waren dort nur die Showbühne und eine Bar. Für die Aussteller hatte man ein Zelt aufgestellt. Da die Messe nicht als Erotikmesse beworben wurde, sondern als Erotik-Event (= neues, revolutionäres Konzept), dachten die Leute eher an eine Diskothek als an eine Messe. Des Weiteren wurde dieser Event fast ausschließlich im Internet beworben. Ergebnis: Bis auf ein paar Fotografen und einige Jugendliche, die Party machen wollten, blieb die Veranstaltung leer. Für die Fotografen war es der Himmel auf Erden. Keine Besucher, die ihnen im Weg standen, und jede Menge Künstlerinnen. Sogar Vivian Schmitt, der deutsche Pornostar, war anwesend. Sie konnten Muschis fotografieren, bis die Kamera glühte und der Blitz seinen Geist aufgab.

Für die Aussteller war es leider die schlechteste Messe seit Jahren. Die Stände wurden vorzeitig abgebaut und man schwor sich, mit diesem Kretin (ugs. Dummkopf) nie mehr mitzufahren.

Rudi Kamikaze hatte aber wieder Glück. Mit viel Geschick konnte er seinen Geldgeber, einen Bordellbetreiber, dazu überreden, ihm nochmals Geld vorzustrecken. Seine nächste Messe fand in Klagenfurt, Österreich, statt. Drei Monate vor der Messe in Villach. Beide Städte sind keine dreißig Kilometer von einander entfernt.

Franz Landl und Maresi Novacek schäumten. Dieser Paria (von der menschlichen Gesellschaft Ausgestoßener) wagte es, vor ihrer Haustür eine Messe zu veranstalten! Das schrie nach Bestrafung. Nur wussten sie nicht so recht wie. Daher griffen sie auf Altbewährtes zurück. Sie bedrohten und erpressten die Aussteller. Das funktioniert immer, na ja, sagen wir, fast immer.

In diesem Fall hatte es prächtig funktioniert. Diese fünf oder sechs Aussteller, die Kamikaze für seine Messe in Kärnten fand, waren selbst Ausgestoßene, die kein anderer Veranstalter wollte. Um die Halle etwas voller aussehen zu lassen, griff Kamikaze zu einem Trick. Er stellte die Hauptbühne in die Mitte der Halle und verteilte die wenigen Stände kreisförmig darum. Er machte Werbung und nannte die Erotikmesse wieder Erotikmesse.

Und siehe da, die Besucher kamen. Die Schätzungen schwankten zwischen drei- und viertausend Besucher. Die Aussteller waren zufrieden, Kamikaze war zufrieden und der Bordellbetreiber war auch zufrieden.

Rudi war nun seinem Ziel einen großen Schritt nähergekommen: eine Erotikmesse in Wien zu veranstalten. Dann könne er es Landl endlich zeigen, dass auch er Erotikmessen mit Tausenden von Besuchern veranstalten kann. Früher, vor zehn, fünfzehn Jahren, waren er und Landl mal gute Freunde. Doch schon bald trennten sich ihre Wege. Während Landl versuchte, den Besuchern seiner Messen ein schönes Ambiente, gute Shows und viele Aussteller zu bieten, ging es Kamikaze nur ums schnelle Geld. Er hatte kaum Aussteller, die Shows waren grottenschlecht und das Ambiente war von einer kaum zu überbietenden Schlichtheit.

Aber jetzt war es soweit, die Messe sollte im Palais Auersperg stattfinden. Und die Messe sollte perfekt werden. Schönes Ambiente, super Shows und viele Aussteller.

Ein Problem gab es noch. Da Rudi bekannt war, dass er Rechnungen nur sehr widerwillig begleicht, muss er fast alles im Voraus bezahlen. Manche Rechnungen soll er angeblich nur dann bezahlt haben, wenn sein Gläubiger sehr schlagkräftige Argumente hatte.

Der Bordellbetreiber konnte oder wollte nicht so viel Geld vorstrecken. Rudi benötigte mindestens 50.000 Euro, wenn nicht mehr. Das war zu viel. Also musste er sich noch einen Geldgeber suchen. Aber wen?

Keine leichte Aufgabe. Auch die Zeit wurde langsam knapp. So klapperte er die Aussteller ab, die er von früher noch kannte und von denen er sich erhoffte, dass die ihm wohlgesinnt sind. Einer davon war Roman, der Durstige. Der hatte vor einiger Zeit selbst schon ein paar Messen veranstaltet. Mit durchaus respektablen Erfolg. Und er prahlt gerne mit seinem Geld. Er ist ein mittelgroßer Mittvierziger mit schulterlangen Haaren und glasigen Augen. Kamikaze kennt ihn schon seit vielen Jahren. Gemeinsam sind sie durch deutsche Städte getingelt, Kamikaze als Veranstalter und Roman, der Durstige, als Aussteller. Aber so sehr er sich auch bemühte, Roman der Durstige blieb hart. Erstens wollte er sich keine Schwierigkeiten mit Novacek und Landl einhandeln und zweitens wusste er ganz genau, wie riskant es ist, mit Kamikaze Geschäfte zu machen.

Auch der Bordellbetreiber blieb hart. Obwohl er ihm das Blaue vom Himmel versprach, rückte der keinen Cent mehr heraus. Kamikaze war der Verzweiflung nahe. Sollte es an ein paar tausend Euro scheitern, dass sein großer Traum wie eine Seifenblase platzt?

Also sprach er nochmals mit dem Vermieter des Palais, aber ohne Erfolg, der bestand auf der gesamten Miete im Voraus. Auch die Zeitungen wollten vorher Geld sehen, bevor sie die Anzeigen veröffentlichen. Und auch die Plakatierfirma verlangte die gesamte Rechnung im Voraus. Kamikaze war der Verzweiflung nahe.

Doch dann hörte er von einem Deutschen, der früher ebenfalls Aussteller war, als es in Deutschland noch einen großen Messeveranstalter gab. Und der wollte es allen noch einmal zeigen. Sein Name: Jimmy.

 

….

 

Um 16 Uhr öffnet am Freitag die Messe.

Jetzt ist noch etwas Zeit, um sich auf der Messe ein wenig umzusehen. Jeder ist neugierig, wer von den Ausstellern den Mut hatte, sich trotz aller Drohungen hier zu zeigen. Es sind nicht allzu viele.

Zwei Ausstellerinnen, die beide vollkommen identische Waren haben – Damenwäsche und Korsetts. Beide können sich nicht riechen und bekämpfen sich auf jeder Messe bis aufs Blut. Michael, der DVD-Händler und geheime Mitveranstalter, bei dem man sich die Frage stellen muss, wie hat der seine Waren nach oben gebracht. In dem engen Aufzug kann außer ihm nicht mehr viel Platz gewesen sein. Tina, die Schuhverkäuferin und geheime Mitveranstalterin mit großer Oberweite, die nicht gerade den Eindruck vermittelt, dass sie sich von irgendjemandem einschüchtern lässt.

Ein paar Aussteller waren schon in Klagenfurt dabei. Der Rest ist aus Wien.

Die Messe hatte das Thema „Salon Mutzenbacher“. Um sie so authentisch wie möglich zu gestalten, mussten die Aussteller und natürlich auch der Moderator Kostüme aus dieser Epoche tragen. Ein Kostümverleih wurde engagiert und der stellte die passenden Kostüme in fast jeder Größe zur Verfügung. Nur für den adipösen Rudi Kamikaze gab es nichts Passendes. XXXL war für ihn einfach etwas zu eng, es spannte.

Sam, der Moderator, ist ein alter Hase, der schon in den Anfangzeiten mit dabei war. Leider sind seine Sprüche und seine Gestik wie zu den Anfangszeiten. Man kann auch sagen, er ist einfach stehengeblieben. Heute wird er von niemandem mehr gebucht, außer von seinem Freund Rudi.

 

Der Freitag beginnt schleppend.

 

Die ersten Besucher sind – sie wissen es, lieber Leser – wie immer die Fotografen. Bereits im Eingangsbereich steht eine Pferdekutsche, genannt Fiakerbühne, auf der sich eine Darstellerin rekelt. Es ist die ungarische Künstlerin Jenna Jane. Bei ihrer Show holt sie sich einen der Fotografen dazu. Er schreibt in einem Forum unter dem Pseudonym Noma. Wir geben hier den Schriftverkehr zwischen Noma und Jenna Jane in gekürzter Form wieder, weil es gut beschreibt, was die Künstler mit den Fotografen mitmachen:

Noma*: »An Jane gefiel mir nicht so gut, ihr zu männlich wirkendes Gesicht. Trotzdem sagte ich ja, als sie mich gefragt hat, ob ich etwas Zeit für sie hätte. Sie hatte sich schon ganz ausgezogen gehabt. Ich drückte mich richtig an sie. (Leider wollte sie nicht, dass ich das mit meiner Videokamera filmte. Und ich hab auch nicht mehr drangedacht, dass ich ja noch mein Kamera-Handy gehabt hätte. Danach durfte ich in der Kutsche Platz nehmen. Jenna Jane hat sich auf mich gesetzt und ist auf mir herumgerutscht. Ich hab auch ein bisschen ihre Pussy angefasst! War schon eine geile Aktion!“«

Jenna*: »Ich weiß ganz genau wieso hatte „Noma“ mit mir vielleicht ein kleines Problem…Ich denke das Er hat sich nicht gefreut am Anfang mein Show, wenn Er schon bei mir auf der Bühne war, und ich wollte die Zwei Kameras was Er dabei gehabt, von den weg zu nehmen, nur für kurze Zeit wegen die Show, das Er ganz ungestört „assistieren“ kann. Natürlich Er wollte das nicht lassen, sondern hat Er probiert ganz offensiv auf meine Muschi rein zoomen von ca. 10 cm… Das mag ich irgendwie nicht so gerne, hoffentlich das kann man verstehen. Ich habe natürlich ein bisschen böse geguckt..he he…, und das sieht nicht immer so lieb und fraulich aus… Am ende ich habe das geschafft die Kameras neben mir hinzustellen, aber dann Er war schon wahrscheinlich sauer auf mich und hat probiert mit den zwei Hände nach meine Mumu greifen… Wenn jemand mich kennt weiß doch das ich keine prüde Frau bin, aber beim Show habe ich ja auch eine Grenze…das finde ich normal.“«

Es dauert nicht lange und die Spione von Maresi kommen angewackelt. Dass sie hier keinen Parfümstand bekommen haben, wurmt sie noch immer. Mit falscher Freundlichkeit begrüßen sie die Aussteller, um sie dann ganz süffisant (spöttisch überheblich) zu fragen: „Wow, hast du denn keine Angst davor, dass du bei Landl und Novacek keinen Platz mehr bekommst, wenn du hier bei diesem Kamikaze ausstellst?“ „Äh, na ja, eigentlich nicht“, antwortet der Aussteller. „Du hast ja recht, es ist ja eine Schweinerei, was sich vor allem diese Novacek erlaubt. Wir hätten ja auch hier ausgestellt, aber wir haben leider dieses Wochenende keine Zeit, leider.“ „Aha!?“

Wahrscheinlich hat es keine drei Minuten gedauert, bis sie Novacek angerufen haben, um Bericht zu erstatten.

 

….

 

* Text wurde originalgetreu übernommen und nicht redigiert.

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